Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) in der Krankentaggeldversicherung
Rechtsprechung und Praxis in chronologischer Reihenfolge
Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB)
Urteil 4A_271/2023 vom 14.11.2023 E. 4.3.2 (Volltext)
Bei den AVB handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen und damit um Vertragsbestimmungen, die im Hinblick auf den künftigen Abschluss einer Vielzahl von Verträgen generell vorformuliert wurden (BGE 148 III 57 E. 2).
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, wenn sie rechtsgültig in Verträge übernommen wurden, grundsätzlich nach den gleichen Regeln auszulegen wie individuell verfasste Vertragsklauseln (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 142 III 671 E. 3.3; je mit Hinweisen).
Entscheidend ist demnach in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien und in zweiter Linie, falls ein solcher nicht festgestellt werden kann, die Auslegung der Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 142 III 671 E. 3.3).
Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, die jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 146 V 28 E. 3.2).
Auch wenn der Wortlaut auf den ersten Blick klar erscheint, darf es also nicht bei einer reinen Wortauslegung sein Bewenden haben (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 131 III 606 E. 4.2).
Vielmehr sind die Erklärungen der Parteien so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Gericht hat auch den vom Erklärenden verfolgten Regelungszweck zu beachten, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 146 V 28 E. 3.2).
Für die Auslegung einer von der einen Vertragspartei aufgesetzten Vertragsbestimmung ist demnach entscheidend, welches Regelungsziel die andere Vertragspartei darin als redliche Geschäftspartnerin vernünftigerweise erkennen durfte und musste. Dabei ist für den Regelfall anzunehmen, dass der Erklärungsempfänger davon ausgehen durfte, der Erklärende strebe eine vernünftige, sachgerechte Regelung an (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; mit Hinweisen).
Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Gerichts über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 146 V 28 E. 3.2).
Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) und Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Im konkreten Leistungsfall sind für die versicherte Person
- die allgemeinen Versicherungsbedigungen (AVB) zur Police des Versicherungsnehmers
- sowie in Ergänzung das VVG im Speziellen die zwingenden Bestimmungen
massgebend.